Keine strikte Trennung zwischen Schulmedizin und Homöopathie – hierfür plädiert Dr. Michaela Ludwig. Sie ist niedergelassene Allgemeinmedizinerin mit einer eigenen Praxis im hessischen Bad Soden und behandelt seit Jahren Patientinnen und Patienten. Im Praxisalltag greift Dr. Michaela Ludwig sowohl auf die Therapiemöglichkeiten der Schulmedizin als auch auf die Möglichkeiten der homöopathischen Behandlung zurück. Im Interview erzählt Sie, warum sich beide Richtungen gut ergänzen und warum sich einige niedergelassene Kolleginnen und Kollegen mehr mit dem Thema Homöopathie beschäftigen sollten.
1. Wann sind Sie erstmals mit dem Thema Homöopathie in Berührung gekommen?
Dr. Ludwig: Ich habe bereits zu Zeiten meines Studiums angefangen, mich für das Naturheilwesen und für die Homöopathie zu interessieren. In meinem eigenen Grundstudium war die Homöopathie jedoch nicht im Lehrplan integriert. Der Begriff „Homöopathie“ ist nicht einmal gefallen, geschweige denn gab es eine Erklärung zu diesem Themengebiet. Im Staatsexamen wurden fünf Fragen zu Naturheilweisen gestellt, etwa: wer war Bircher Benner, was sind Wickel etc… Bei weiterem Interesse mussten sich Studenten selbstständig informieren. Seither habe ich die komplementären Therapieformen verfolgt und in einigen Bereichen Zusatzausbildungen gemacht.
2. In welchen Bereichen haben Sie in ihrer Praxis mit homöopathischen Arzneimitteln gute Erfahrungen gemacht?
Dr. Ludwig: Ich habe im Lauf der Jahre vielfältig mit der Homöopathie gearbeitet und in vielen Bereichen gute Erfolge erzielen können. Besonders im Bereich der akuten Erkrankungen wie Infekte der oberen Atemwege und im Bereich der allergischen Störungen sind mit homöopathischen Arzneimitteln gute Erfolge zu sehen. Die Behandlung chronischer Erkrankungen bedarf eines längeren Weges, der aber grundsätzlich mit dem Thema Entgiftung einhergeht, welche auch wunderbar mit Hilfe homöopathischer Ausleitungsmittel begleitet werden kann.
3. Sie sprechen sich gegen eine strikte Trennung zwischen Schulmedizin und Homöopathie aus – warum?
Dr. Ludwig: Ich möchte grundsätzlich keine strikten Wege nennen, jede starre Anschauung entbehrt des Lebendigen. Es muss vielmehr eine Brücke aus den Verfahren gebildet werden, und die unterschiedlichen Möglichkeiten der Homöopathie und der Schulmedizin sollen dann zum Einsatz kommen, wenn sie tatsächlich indiziert sind.
Ich arbeite immer dort mit einer Regulationsmedizin, und so verstehen wir auch die Homöopathie, wenn der Organismus in der Lage ist zu regulieren, also meinen Impulsen zur Heilung auch antworten kann. Ist eine Substitution erforderlich, so muss diese eingeleitet werden. Es ist also immer wieder ein hochindividuelles Vorgehen – auch was den Einsatz der unterschiedlichen Therapierichtungen angeht.
4. Wie schätzen Sie die Akzeptanz anderer niedergelassener Kollegen zu homöopathischen Arzneimitteln ein?
Dr. Ludwig: Die Akzeptanz bei den niedergelassenen Kollegen ist durchaus sehr unterschiedlich. Es reicht von völliger Ablehnung bis hin zu Unterstützung. Der Kenntnisstand der Kollegen zu homöopathischen Arzneimitteln lässt allerdings noch sehr zu wünschen übrig. Auch hier resultiert die mögliche Akzeptanz mehr aus dem Erwartungsdruck der Patienten.
Meiner Meinung nach sollte es aber die Aufgabe des behandelnden Arztes sein, den kranken Menschen verschiedene Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen.
5. Hat die Homöopathie Ihrer Ansicht nach in den vergangenen Jahren an Zuspruch gewonnen?
Dr. Ludwig: Die Homöopathie hat enorm an Zuspruch gewonnen, und zwar aus dem Anspruch der Patienten heraus. Viele Menschen beschäftigen sich anders mit dem Thema Kranksein und der Behandlung und informieren sich breit. Sie wünschen sich von den Therapeuten mehr Angebote in Richtung der natürlichen Heilverfahren.