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Von der Pflanze bis zum fertigen Präparat – so entstehen Homöopathika

Globuli werden in einem Dragierkessel mit einem homöopathischen Wirkstoff imprägniert.Imprägnation im Dragierkessel. © DHU

Von der Pflanze bis zum fertigen homöopathischen Arzneimittel ist es ein langer Weg. Ist die passende Heilpflanze ausgemacht, muss diese geerntet und geprüft werden. Darauf folgen besondere Herstellungsschritte wie beispielsweise die Potenzierung oder Verreibung, bis am Ende etwa die Benetzung der Globuli steht. Hier finden Sie einen Überblick darüber, wie Homöopathika entstehen.

Die Ausgangsstoffe in der Homöopathie

In der Homöopathie werden heute etwa 2.000 unterschiedliche Stoffe eingesetzt. Der überwiegende Teil sind Pflanzen in frischer oder getrockneter Form, „Drogen“ genannt. Bekannte pflanzliche Ausgangsstoffe sind zum Beispiel Cineraria maritima (Kreuzkraut), Calendula officinalis (Ringelblume), Cardiospermum halicacabum (Ballonrebe) oder Passiflora incarnata (Passionsblume).

Alle frischen sowie getrockneten pflanzlichen Ausgangsmaterialien werden nach den Kriterien des Homöopathischen Arzneibuchs bzw. des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur.) geprüft und dokumentiert. Dies ist Aufgabe der sogenannten Pharmakognosie.

Homöopathische Urtinkturen entstehen

Nach der Ernte werden die Pflanzen oder ihre jeweiligen Bestandteile zerkleinert und in Alkohol-Wasser gelöst. Diesen Prozess nennt man Mazeration. Eine maschinelle Zerkleinerung findet erst seit einigen Jahrzehnten statt. Zuvor wurden die Pflanzen zuerst geschnitten und dann von Hand gemörsert. Auch heute werden noch kleinere Mengen Arzneipflanzen mittels Mörser zu Urtinkturen weiterverarbeitet, in der Schweiz zum Beispiel durch einige Drogerien.

Die Mazeration dauert in der Regel mindestens zehn und bis zu 30 Tage. Anschließend werden die gelösten Pflanzen beziehungsweise deren Teile abgepresst. Es entsteht die Urtinktur, der Ausgangsstoff für alle weiteren homöopathischen Arzneien.

Die Urtinkturen werden schrittweise mit einem Ethanol-Wasser-Gemisch  verdünnt und verschüttelt. Dahinter steckt eine Grundregel in der Homöopathie, die Potenzierung. Sie geht zurück auf den Begründer der Homöopathie, Dr. Samuel Hahnemann. Er schlug das Behältnis, das Arznei- und Trägerstoff enthielt, zehnmal auf eine Unterlage. Die Vorstellung dahinter ist, dass die medizinisch wirksamen Eigenschaften der Stoffe dadurch verstärkt („dynamisiert“) an den Trägerstoff übergehen. Auch heute wird noch bei vielen Unternehmen in traditioneller Weise von Hand verschüttelt.

Potenzieren – hoch oder niedrig, je nach Bedarf

Zur Herstellung der Potenz D1 nimmt man beispielsweise einen Teil Urtinktur und gibt neun Teile eines gemäß dem amtlichen Homöopathischen Arzneibuch HAB vorgegebenen Ethanol-Wasser-Gemisches hinzu. Anschließend wird die gesamte Flüssigkeitsmenge zehnmal verschüttelt. Um höhere Potenzen zu erreichen, wiederholen Hersteller den Vorgang entsprechend häufig. Bei einer D6 etwa liegt der Ausgangsstoff in einer Verdünnung von 1:1.000.000 vor.

Angaben wie D1, D6, D12, C30 oder LM3 auf den homöopathischen Mitteln zeigen somit die Zahl und Höhe der durchgeführten Potenzierungsschritte an: D-Potenzen im Verhältnis 1:10, C-Potenzen im Verhältnis 1:100 und LM (=Q)-Potenzen im Verhältnis 1:50.000.

Potenzierung ist Teil der Grundlagenforschung in der Homöopathie

Die Potenzierung ist gemäß den traditionellen Vorgaben der Arzneimittelherstellung vorgeschrieben und bewirkt eine Dynamisierung der jeweiligen Potenzstufe. Zudem ist sie heute wichtiger Gegenstand der Grundlagenforschung. Schon ältere Untersuchungen belegen einen Unterschied zwischen der einfachen Verdünnung und der Potenzierung.

Im Sinne Hahnemanns wird die geeignete Potenzstufe individuell für den Patienten definiert. Dies können tiefe, mittlere oder hohe Potenzen sein. Homöopathische Arzneimittel in tiefen Potenzen, D6/D12 oder C6/C12, werden gern zur Selbstmedikation genommen. Die sogenannten Hochpotenzen dagegen wählen meist homöopathisch ausgebildete Therapeuten für ihre Patienten.

Verreibung mit Milchzucker

Bei festen, nicht löslichen Ausgangsmaterialien, wie etwa Mineralien, wird nach Vorschrift 6 HAB zunächst mit Milchzucker (Lactose) verrieben. Die Verreibung, in den Folgestufen auch Trituration genannt, findet in Mühlen verschiedener Größe statt. Der Mahlvorgang dauert mehrere Stunden. Die Mühlen arbeiten wie Mörser und verreiben jeweils 99 Teile Milchzucker (Lactose) mit einem Teil Ausgangsstoff. Das Ergebnis: winzige Partikel in Mikrometergröße. Homöopathische Tabletten enthalten als Trägersubstanz Lactose.

Das Deutsche Homöopathische Arzneibuch regelt die Qualität der homöopathischen Arzneimittel in Deutschland verbindlich. Ferner sind die Vorschriften des homöopathischen Teils des Europäischen Arzneibuchs zu berücksichtigen. Ebenso gilt die europäische Vorgabe der guten Herstellpraxis (GMP) für alle pharmazeutischen Unternehmen.

Die Arzneiformen in der Homöopathie

Neben den „Globuli“ genannten Streukügelchen und den Tropfen und Tabletten gibt es Homöopathika auch als Salben, Zäpfchen, Ampullen, Gele oder Lotionen.

Die Herstellung der Globuli erfolgt nach Vorschrift 10 des HAB. Dabei werden 100 Teile Kügelchen, die aus Rohrzucker (Saccharose) bestehen, mit einem Teil Dilution (mindestens 60 Prozent Alkohol) der jeweiligen Potenz benetzt. Dieser Vorgang heißt Imprägnation und findet in großen Dragierkesseln statt (siehe Foto). Durch die Rotation der Kessel und eine genau definierte Auftragungsweise gelangt die Flüssigkeit bis in den letzten Globulus. Globuli gibt es in unterschiedlichen Größen. Für die üblichen D- und C-Potenzen werden gemäß HAB Globuli der Größe 3 verwendet. Ein Globulus wiegt ca. acht Milligramm und hat etwa zwei Millimeter Durchmesser.